Meine Frau über mich...

... und was ich davon halte...

Wenn Sie morgens mit Ihrem Hund Gassi gehen und einen Mann bäuchlings am Wegesrand liegen sehen, wundern Sie sich vielleicht. Hat sich bei Ihrer Rückkehr Stunden später der selbe Mann immer noch nicht gerührt, wird Ihnen die Sache eventuell langsam suspekt. Und wenn abends der Mann immer noch unverändert an der gleichen Stelle liegt, wollen Sie gegebenenfalls einen Rettungswagen rufen.

Aber keine Sorge: Das ist nur mein Mann...

...der von der Verhaltensweise irgendeines mehr oder weniger kuriosen Insekts in den Bann gezogen wurde und nun dabei ist, alle seine Eindrücke zu fotografieren. Würden Sie meinen Mann darauf ansprechen, ob er nicht irgendwann hungrig, durstig oder ob es ihm nicht zu heiß wird oder sein Rücken schmerzt, würde er mit den Achseln zucken und sagen: „Gute Fotos macht man nicht im Vorbeigehen“.

Warum macht er das?

Schon im jugendlichen Alter war mein Mann ein begeisterter Naturbeobachter, der seine Erlebnisse auch fotografisch dokumentierte. Als studierter Forstingenieur leitete er knapp 20 Jahre ein Forstrevier. Seine Wege führten ihn schließlich 2012 nach Würzburg. Die Erfahrungen, die er im Laufe der Jahre biologisch, fotografisch und gesellschaftspolitisch gesammelt hat, motivierten ihn dazu, die Naturfotografie heute hauptberuflich auszuüben.

Häufig erstellt er umfassende Verhaltensportraits von Tierarten und dokumentiert deren raffinierte Verhaltensweisen. Da er und seine „Fotoobjekte“ meistens viele Stunden, Tage oder Wochen miteinander verbringen, bleibt ihm auch der drastische Rückgang zahlreicher Arten und Lebensräume nicht verborgen. Artensterben und Rückgang der biologischen Vielfalt sind für ihn keine Schlagworte, sondern erlebte Realität.

Doch nicht nur die Arten und Lebensräume sterben aus, sondern auch die Menschen, die sich mit ihnen beschäftigen. Klassische Biologen, darunter vor allem die Artenkenner, werden immer weniger – und damit auch die Personen, mit denen mein Mann als Naturfotograf einen intensiven biologischen Austausch pflegen kann: "Diesen ‚Artenschwund‘ unter den Menschen bedaure ich manchmal auch schon sehr."

Mit der Wirkung seiner Fotos und Bildserien über unsere heimischen Tiere, vor allem die wenig bekannten Insekten, möchte er möglichst vielen Menschen unsere Mitbewohner wieder näher bringen. „Ich will zeigen, wie Biodiversität funktioniert – und vor allem, wie faszinierend sie ist“. Er ist sich sicher, dass bei den Menschen der Wille zum Erhalt der eigenen Umwelt vor allem aus dem Gefühl der Verbundenheit zu ihr kommt.

Wie macht er das?

Der Kern seiner Arbeit liegt in der Dokumentation biologischer Vielfalt (Biodiversität). Hierzu untersucht und fotografiert er insbesondere Wechselbeziehungen zwischen Tieren und ihrer Umwelt. Dabei nutzt er nahezu alle professionellen Möglichkeiten der modernen Fotografie, um die häufig unscheinbaren oder verborgenen Schätze biologischer Vielfalt zu zeigen. Seine feste Überzeugung ist, dass „Fotos und Geschichten auch emotionell ansprechen“ müssen. In seinen Geschichten spricht mein Mann dann liebend gerne von den Insekten als seine Duz-Freunde. "Wir kennen uns nach einigen Tagen mit Vornamen und lieben und necken uns", erklärt er todernst.

Wie halte ich das mit ihm aus?

Dreimal dürfen Sie raten! Ich gehöre selbst der aussterbenden Spezies der klassischen Biologen an, bin natürlich nicht ganz so verrückt wie mein Mann, interessiere mich aber für die gleichen Themen und bin glücklich, dass wir uns so gut ergänzen.

Karin Günter

 

Ich über mich

Ich stimme meiner Frau zu 99 Prozent zu, der Rest bleibt mein Geheimnis...

Roland Günter